Mit Gott über Mauern springen

„…mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“

Psalm 18,30b (NGÜ)

Ich bin Gott von Herzen dankbar, dass er mich mit diesem Vers motiviert hat, den Versuch zu wagen eine für mich furchteinflößend hohe Mauer zu erklimmen.

Nach unserer Hochzeit fehlte für die Beendigung meines Studiums nur noch das Schreiben meiner Bachelorarbeit. Mir fiel das wissenschaftliche Arbeiten schon bei Hausarbeiten und kleineren Schreibaufgaben so schwer, dass sich die Bachelorarbeit wie ein großer Berg vor mir auftürmte. Zudem hatte ich mit meinem Studium keine Berufsperspektive, da ich feststellte, dass ich nicht in diesem Bereich arbeiten wollte. Dennoch war es mir wichtig, es so kurz vorm Ende zum Abschluss zu bringen.

Der erste Termin bei meinem Dozenten, der mich betreuen sollte, lief viel besser, als ich erwartet hatte. Ich kam nur mit groben Ideen für das Thema in seine Sprechstunde und verließ diese mit einer Fragestellung, einem Gliederungsvorschlag und sämtlichen Literaturhinweisen, ohne dass ich selbst viel sagen musste. Ich war sehr erleichtert und ermutigt – es schien plötzlich machbar und ich fing an die Literatur zu bearbeiten. Bald stellte sich heraus, dass es doch nicht so einfach werden würde. Bei einer zweiten Sprechstunde kritisierte der Dozent meine Zwischenergebnisse stark. Es wurden Missverständnisse deutlich, die zwischen dem Dozenten und mir vorlagen. Zudem waren mir einige Fehler unterlaufen. Er war zunächst selber ratlos, „prophezeite“ mir keine gute Note und machte mir keine große Hoffnung, dass ich diese Arbeit schaffen, geschweige denn bestehen würde. Hatte ich es mir zu leicht gemacht und die Sache doch unterschätzt? In mir stiegen große Zweifel auf und den Tränen nahe verließ ich das Büro. Ich bekam zwar eine zweite Chance, aber meine Motivation war am Ende. Ich hatte mich schon bis zu dem Punkt damit herum geplagt und das alles noch einmal zu wiederholen war nicht gerade verlockend. Am liebsten hätte ich diese Arbeit an dieser Stelle abgebrochen – es schien mir unmöglich, dass ich überhaupt irgendetwas Sinnvolles zu Papier bringen könnte.

Da fiel mir der Text eines Liedes ein, das wir einen Tag zuvor im Auto gehört hatten:

Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen,

an seiner Hand den nächsten Berg bezwingen,

aus seiner Kraft meine Hürden überwinden,

zu seiner Zeit neues Land gewinnen.

Obwohl ich verzweifelt war, wusste ich doch, dass Gott mir Kraft geben kann, diese Mauer zu überwinden. Es dauerte zwar eine Weile, aber ich wollte es mit Hilfe dieser Zusage wagen.

Seitdem begleitete mich dieser Text. Einfacher wurde es jedoch nicht. Ich kam nur schleppend vorwärts und es schien wochen- und monatelang kein Ende nehmen zu wollen. Für unsere junge Ehe war das natürlich auch eine Belastung, aber ich danke Gott für meinen geduldigen und liebevollen Ehemann!

An einem Tag – als ich wieder einmal verzweifelt und demotiviert war – bat ich Gott ganz bewusst um eine Ermutigung. Am nächsten Tag bekam ich sie, als mir eine liebe Freundin ganz unerwartet einen Bibelvers schickte:

„Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich mache dich stark, ich helfe dir, mit meiner siegreichen Hand beschütze ich dich“ (Jes. 41,10).

Am gleichen Tag klappte ich nach einer Pause meinen Laptop wieder auf und schaue wieder auf die Worte: „Fürchte dich nicht, ich helfe dir!“ (Jes. 41,13). Damit ich nicht von Umgebungsgeräuschen abgelenkt werde, habe ich meistens im Hintergrund leise Instrumentalmusik laufen lassen. Ohne es zu bemerken habe ich das Musikvideo wohl genau an der Stelle gestoppt, an der dieser Vers eingeblendet wurde, der nur drei Verse weiter steht als der Vers meiner Freundin!! Was für eine Bestätigung! Gott sagt mir ganz persönlich in meine Situation hinein seine Hilfe zu! Ich war überwältigt und Gott wirklich dankbar, dass er mir mit diesen Worten auf meine Bitte geantwortet und mich ermutigt hat! Ich schrieb mir die Worte „Du hast gesagt, du hilfst mir!!“ auf einen Zettel und klebte ihn mir als Erinnerung vor den PC, so dass ich mir diese Zusage immer vor Augen halten konnte. Ich klammerte mich an diese Worte und richtete sie immer wieder als Gebet an Gott. Manchmal „hielt“ ich sie ihm auch vor, weil ich nichts von seiner Hilfe spürte. Aber er hielt sein Wort, er half mir. Nicht in dem Sinne, dass sich plötzlich alles wie von selber schrieb, aber gab mir die Kraft durchzuhalten und am Ende tatsächlich eine abgabefertige Arbeit in den Händen zu halten – und sie am Ende sogar zu bestehen. Gott sei Dank!!

Zwischenzeitlich eröffnete sich mir auch eine Perspektive für meine berufliche Zukunft. Ich begann mit dem Gedanken zu spielen, mich nochmal in eine andere Richtung zu orientieren. Vor Ostern bekam ich dann die Möglichkeit ein freiwilliges Praktikum in diesem Bereich zu machen, was mir sehr gefiel. Die Chefin hatte mir aber zuvor mitgeteilt, dass sie dieses Jahr schon jemanden habe, so dass ich mich auf Bewerbungen schreiben einstellte. Ich wusste, dass dies nicht einfach werden würde, da die Ausbildungsstellen für diesen Bereich kaum vorhanden sind. Gegen Ende des Praktikums sagte mir die Chefin, dass ich gut in ihr Team passe und sie sich vorstellen könne, mich mit dazu zu nehmen. So kann ich nun nahtlos vom Studium in die Ausbildung gehen, ohne überhaupt eine einzige Bewerbung geschrieben zu haben.

Und wieder bewahrheitete sich der Liedtext: Er hilft nicht nur, Durststrecken zu überstehen, über Mauern zu springen und Berge zu bezwingen, sondern auch zu seiner Zeit neues Land zu gewinnen. Dafür will ich Gott loben und danken!

F. Semmler